
Zweckwidrige Nutzung einer Teileigentumseinheit als Wohnung
Der Bundesgerichtshof hat sich heute mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen Unterlassungsansprüche der Wohnungseigentümer untereinander wegen einer zweckwidrigen Nutzung des Sondereigentums als verjährt oder als verwirkt anzusehen sind.
Die Parteien in dem zugrunde liegenden Verfahren bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft
Der unter anderem für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt und sich dabei von folgenden Überlegungen leiten lassen:
Im Ausgangspunkt ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegeben, weil die Nutzung von Hobbyräumen zu nicht nur vorübergehenden Wohnzwecken jedenfalls dann nicht gestattet ist, wenn sie – wie hier – die Anlage um eine weitere Wohneinheit vergrößert. Der Anspruch ist nicht verjährt. Solange die Nutzung anhält, tritt die Verjährung nicht ein, weil der Schwerpunkt der Störung nicht vornehmlich in der Aufnahme der zweckwidrigen Nutzung, sondern auch darin liegt, dass diese aufrechterhalten wird. Dabei ist unerheblich, ob die zweckwidrige Nutzung durch den Sondereigentümer selbst oder durch dessen Mieter erfolgt.
Dem Anspruch steht auch nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung im Sinne von § 242 BGB* in Gestalt der sogenannten Verwirkung entgegen. Voraussetzung hierfür ist unter anderem eine ununterbrochene, dauerhafte Einwirkung. An einer solchen fehlt es jedenfalls deshalb, weil noch in jüngster Zeit zwei Neuvermietungen stattgefunden haben. Eine solche Neuvermietung stellt in der Regel aus Sicht aller Beteiligten eine Zäsur und damit eine neue Störung im Sinne von § 1004 BGB**, § 15 Abs. 3 WEG*** dar. Der vermietende Wohnungseigentümer setzt eine neue Willensentscheidung hinsichtlich einer zweckwidrigen Nutzung um. Die übrigen Wohnungseigentümer haben Anlass, für die Zukunft eine der Teilungserklärung entsprechende Nutzung einzufordern, auch wenn sie hiervon zuvor – etwa aus Rücksicht auf das bestehende Mietverhältnis – Abstand genommen haben.
* § 242 BGB Leistung nach Treu und Glauben
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
**§ 1004 BGB Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch
(1) 1Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. 2Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
***§ 15 WEG Gebrauchsregelung
(3) Jeder Wohnungseigentümer kann einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile (…) verlangen, der (…) den Vereinbarungen (…) entspricht.
Urteil vom 8. Mai 2015 – V ZR 178/14
AG Wiesbaden – Urteil vom 7. Dezember 2012 – 92 C 7239/10-81
LG Frankfurt am Main – Urteil vom 25. Juni 2014 – 2-13 S 18/13
Karlsruhe, den 8. Mai 2015
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